Die 27 EU-Chefs diskutieren am Freitag über einen 750-Milliarden Euro
Corona-Wiederaufbaufonds - inklusive gemeinsamer Schulden. Yvan
Lengwiler, Professor für Geldpolitik an der Universität Basel, sagt,
gemeinsame EU-Schulden wären für die Schweiz positiv.
Trotz
«Konstruktionsfehlern» habe der Euro in den ersten zehn Jahren seines
Bestehens erstaunlich gut funktioniert, sagte Lengwiler im Gespräch mit
der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Doch in Krisenzeiten hätten sich
die Schwachstellen gezeigt: Es fehle eine gemeinsame Fiskalpolitik.
Spätestens in der letzten Finanzkrise hat man laut dem Geldpolitik-Experten gesehen, wie problematisch dies ist. Wäre Griechenland nicht Mitglied des Euroraumes, hätte es seine Währung abwerten können und damit seine Wettbewerbsfähigkeit erhöht.
Für die EU selbst sieht Lengwiler bei einer gemeinsamen
Verschuldung keine Gefahr - im Gegenteil. «Es ist gefährlich, einem Land
wie Italien, das schrecklich von der Corona-Pandemie getroffen wurden,
nicht zu helfen. Italien
erwartet zu Recht Solidarität von den anderen EU-Staaten. Erhält es
diese Solidarität nicht, kann man sich fragen, ob die italienische
Bevölkerung noch weiter in der EU mitmachen will.»
Ausserdem sei der Austritt Grossbritanniens aus
der EU schon ein grosser Rückschlag für die Staatengemeinschaft. «Ein
Austritt Italiens aus dem Euro oder gar aus der EU wäre eine
Katastrophe. Es wäre dann wohl das Ende des Euro, und vielleicht auch
der EU selber.»
Die Schweiz ihrerseits würde laut dem
Geldpolitik-Experten das Ende des Euros sicherlich überleben, aber die
kurz- und mittelfristigen Turbulenzen wären für alle sehr schmerzhaft.
Eine gemeinsame EU-Verschuldung hätte auch für die Schweiz Positives, so Lengwiler weiter. «Es würde den Euro auf eine solidere Basis stellen und damit den Franken entlasten.» Aktuell leide der Franken nämlich unter dem schwachen Euro.
Der Spielraum der Schweizerischen Nationalbank
sei deswegen sehr gering geworden. Noch tiefere Negativzinsen gingen
kaum, sonst würden die Leute ihr Geld von der Bank nehmen und es unters
Kopfkissen legen. Und eine rasante Erstarkung des Frankens würde
konjunkturelle Risiken mit sich bringen.
«Die Pandemie
könnte so gesehen eine Chance für die EU sein. Es wäre durchaus in der
Logik der Staatengemeinschaft, sich in Krisenzeiten stärker zu
integrieren», sagte Lengwiler. (sda) Quelle www.watson.ch
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